Katalogtext zur Ausstellung im Löffler Museum, Kosice, SK, 2005 deutsch english slovenský
Von Kosice nach Medzilaborce und über andere unbekannte Orte
Anna Tretters Arbeiten entstehen heute oft im Transit, unterwegs, an fremden Orten. Der Raum der Kunst war schon in ihren früheren skulpturalen Untersuchungen im Zentrum, nun ist es, als ob ihr Raum sich immer mehr weitet und diese Erweiterungen finden in ihrem vielschichtigen Werk auf ganz verschiedenen Ebenen, in verschiedenen Medien ihre Form.
Unterwegs ist Anna Tretter von Nizza nach Kapstadt, ihr Video aus der Vogelperspektive folgt dem Flug durch die Wolken, die zwischen Himmel und Erde eine Ebene bilden, bis die Wolken-Tafeldecke, die über das Plateau des Tafelbergs gebreitet ist, über seine Kante auf die Erde gleitet. Im Aufbruch und im Transit entstehen die Aufnahmen des Laufbands im Flughafen in Prag und auf der Rolltreppe am Stuttgarter Bahnhof, die dem zufälligen Auf und Ab der Menschen folgt. Anna Tretter spaziert im Sommer Berger Garten in Amorbach, wobei zwei Kameras um ihre Hüften geschnallt den Blick rechts und links entlang ihres Pfades aufnehmen. Die Linse versucht dabei automatisch scharf zu stellen, dies misslingt allerdings wenn der Abstand des Objekts nicht groß genug ist, die Bilder lösen sich auf. Entstanden ist diese Arbeit von 2003 mit der Frage im Sinn: ‚Wie sieht wohl eine Ente?’.
Auch ihre Zeichnungen sind Notate, Aufzeichnungen von Reisen, im Auto, im Flugzeug, im Zug, zu Fuß, von Ortschaft zu Ortschaft, zugleich sind sie Kristallisierungen der Zeichnung als beweglicher und bewegter Prozeß, Passagen zwischen dem Fahren und Erfahren, die die Lust an der Ungewissheit, die Spannung, ein sich Einlassen in’s Unbekannte, das jeder Reise eigen ist, transportieren. Die Entstehung der Zeichnungen reflektiert noch einmal die Hingabe an den Augenblick, wobei auch hier wie bei manchen der Video-Arbeiten, der Zufall seine Rolle spielen darf. Anna Tretter hält den Zeichenblock oder eben einen gefundenen Bildträger wie die ‚Spuktüten’, die man im Flugzeug vorfindet, auf den Schenkeln; ganz entspannt hält sie den Bleistift, der die Erschütterungen, das Schlingern, die Unwegsamkeiten gleichsam von alleine protokolliert/scannt und so das Unerwartete, das ‚Andere’, das im ästhetischen Akt entdeckerischen Zeichnens selbst aufscheint, entfaltet. Die Blätter transportieren mit großer Selbstverständlichkeit eine Ahnung des Unvorsehbaren, das gleichermaßen den zeichnerischen Prozeß und das Unterwegssein grundiert. Es sind erlebte souveräne Augenblicke, durch sie, mit ihnen entstehen diese durchsichtigen Gebilde ineinandergewobener Lineamente, leichte schwebende Knäuel, Verdichtungen, Kreuzungen, Lockerungen. In wunderbarer Mobilität springen die Bildchiffren von Blatt zu Blatt, sich verstreuend, sich sammelnd, als ob die unkodifizierbaren Linien aus der Welt, der Erdengegenwart selbst hervorgingen. Die Zeit der Reise mit ihren Momenten intensiver sinnlicher Wahrnehmung verweben sich mit einem Ferneren, Unpersönlicherem, sie sind Reaktion auf und Resonanz des Unterwegssein, ein Geschehenlassen und ein Horchen auf das Unbekannte. Das Zeichenblatt wird gleichsam zur fremden Gegend, belebt, bewohnt durch die Zeichnung, Raum gestaltend, Raum eröffnend.
Eine andere Art von visuellem Road Movie gibt die Bilderreihe der ‚Kleinen Häuser’, wiederum Haltestationen in einem fremden Land. In der Ausstellung zeigt sie die slowakische Fortsetzung einer früheren Reise – damals folgte sie einer Route, auf der einige der Kunstorte in Polen als Orientierungspunkte verzeichnet sind – Namen und Städte, die im Westen immer noch weitgehend unbekannt sind. Nun ging die Reise von Kosice nach Medzillaborce und nach Levoca; Anna Tretter hat wiederum die Wartehäuschen am Rande ihrer Wegstrecke fotografiert und jeweils das Foto des vorhergehenden Bushäuschens an der nächsten Station angebracht – Erkundung, Recherche, Begegnung, Entdeckung unvertrauter Orte und ihre imaginäre Verknüpfung. Die Fotoreihe der Wartehäuschen korrespondiert präzis der Passage, dem Zwischenraum, in dem man sich auf Reisen befindet; es sind Orte zwischen Ankunft und Abfahrt, zwischem Eigenem und Fremden, zwischen Erwartung und Abschied. Und wie auf Reisen werden wir in der Begegnung mit den ‚kleinen Häusern’ zum Hermeneutiker versuchen die Bilder zu deuten, zu gruppieren, zu vergleichen, Familienähnlichkeiten herauszufinden, Geschichten zu erfinden. Innerhalb der Typologie ,Wartehäuschen’ gleicht doch keine Station der andern. Es scheint in diesem Land noch keine vereinheitlichende Norm zu geben, jedes Bushäuschen ist ein Individuum (obwohl es natürlich Verwandte hat), unterschieden in Maß, Proportion, Farbgebung von seinen Nachbarn. Diese Vielfältigkeit ist in den hochindustrialisierten Ländern nahezu verschwunden, die Produkte sind standardisiert nach ihrem jeweiligen Zweck. Wenn Anna Tretters Kunstwerke die Verschiedenartigkeit, die Unverwechselbarkeit des jeweiligen Objekts festhalten, so wird damit vielleicht auch der Raum der Kunst, der Vielfalt und Einzigartigkeit erfordert und ermöglicht, thematisiert. Vertraute Kunsterfahrungen schießen ein, wir lesen die stummen Zeichen ja auch durch die ästhetischen codes der land art beispielsweise oder der Industrie-Monumente Bernd und Hilla Bechers, doch geht es Anna Tretter nicht nur um die kühle Dokumentation eines formalen Vokabulars; von den Fotos geht eine Unruhe aus, trotz aller Gemächlichkeit und eine seltsame Heimatlosigkeit, die auch mit den fehlenden oder nicht auf Anhieb zu erschlüsselnden Ortsangaben zusammenhängen mag. Wir sind auch als Betrachter ‚on the road’.
Anna Tretters Arbeiten antworten auf den Anruf, den Anspruch, der Faszination des Unterwegssein und formen nun selbst auf anderer Ebene ein Zwischen – ein Netz von Relationen, mit Knotenpunkten, Anschlußsstellen, Verbindungspfaden. Ihre Videos, ihre Installationen, ihre Zeichnungen verweben den Ort oder ein Ereignis mit ihren eigenen mitgebrachten Bildern und Erfahrungen, mit Erinnerungen und Assoziationen. In solchem Hin und Her entsteht eine vielschichtige und doch lucide Verflechtung von Eigenem und Fremden, wie in dem Namen, den wir von anderen bekommen haben, wie bei der Vergangenheit, die wir nie in flagranti erwischen.
Text: Dorothée Bauerle-Willert
ON THE WAY – From Kosice to Medzilaborce and about other unknown places
Anna Tretter produces her works nowadays quite often in transit, on the road, in places both remote and foreign. The space of art was in the center already in her earlier sculptural investigation, now it is as if her space is widening and these expansions get shape in her multi-layered oeuvre on different levels, in different media.
>On the Way< is Anna Tretter from Nice to Cape Town, her video shot from a bird’s eye view is following the flight through the clouds, forming a plane between heaven and earth until the cloudy table-cloth, spread over the plateau of the table mountain, glides over its edges and falls to earth. On the outset and in transit she shoots the travelator in the Prague airport and the escalator at the railway-station of Stuttgart, following the accidental ups and downs of the passengers. Anna Tretter strolls in the SommerBerger Garden in Amorbach, two cameras on her hips taking the right and left view along her path. The lens tries automatically to sharpen, what fails if the distance to the object is not big enough – the images blur. This video was produced with the question in mind‚how does a duck perceive its world?’
Also the drawings which are now assembled in the Museum Loeffler in Kosice are notes, records of travels, in the car, in the aircraft, in the train, on foot, from place to place; simultaneously, they are crystallizations of drawing as a mobile and stirring process, a passage between riding and experiencing, transporting the excitement of uncertainty, the suspense, an entering into the unknown, belonging to every journey. The formation of the drawings reflects once again the devotion to the moment where also the chance is allowed to play its role. Anna Tretter is holding on her thighs the sketch-block or any found paper like the sickness bags which are in the front pocket of an airplane seat, very relaxed she is holding the pencil, which is scanning the shakings, the rollings, the impassabilities unfolding to the unexpected, the other that flashes in the aesthetical act of any discovering drawing. The sheets transport with striking self-evidence a presentiment of the unforeseeable, grounding the drawing process as it bases the being on the way. The drawings are experienced sovereign moments, with them, by them the transparent configurations, the interweaved lines, the floating clusters, condensations, crossings, loosenings originate. In wonderful mobility the images jump from paper to paper, scattering themselves, gathering, as if the lines emanate from the world, from the very presence of the earth. The time of the voyage with its moments of intensive sensory perception intertwine with something more remote, something more impersonal. The drawings are reactions to and resonance of being on the road, a letting happen, a listening to the unknown. The drawing paper so to say turns into a strange region, animated, inhabited by the drawing, creating space, opening space.
Another kind of visual road movies are the series of photographs ‚Little Houses’, once again bus stops in a foreign country. In the exhibition Anna Tretter is showing the Slovakian continuation of a earlier trip when she followed a route through Poland listing some art places there as points of orientation – names and towns which are still fairly unknown in the West. Now she was traveled from Kosice to Medzilaborce and to Levoca, and again she took pictures of the bus stations along her way, putting the photograph of the next little house on the one before – inquiry, encounter, research, discovery of unfamiliar places and their imagined connection. The series of bus stops corresponds precisely to the passing, to the gap in which we are during every trip; they are places between arrival and departure, between ourselves and what’s foreign, between welcome and farewell. And as travelers, by viewing the little houses, we take the role of a hermeneutic, trying to group them, to interpret them, to compare, to find family resemblances, to invent stories. Within the typology ‚waiting hut’ no bus stop is identical with the other. It seems as if in this country a standardizing norm does not exist yet, every station is an individual (but of course with relatives) distinguished in measures, proportion, color from its neighbor. That variety has nearly disappeared in industrial countries; the products are uniform, designed for the given need. When Anna Tretters works of art are focusing on the differences, on the individuality of her objects, she is simultaneously discussing the space of art, which demands and renders multiplicity and uniqueness. Familiar art experiences interconnect: We read the mute signs also through the aesthetic codes of land art or of the Bernd and Hilla Becher’s industrial monuments, but Anna Tretter is not dealing with the cool documentation of a formal vocabulary; rather she is looking for a disquietude in all ease, for a peculiar homelessness, which might also be connected with the lacking or hardly decipherable statements of places. The viewer is on the road too.
Anna Tretters works respond to the call, the challenge, the fascination of the being on the road and, on another level form themselves a gap – a web of relations, with junctions, connections, terminals, linking paths. Her videos, her installations, her drawings intertwine a place or an event with her own images and experiences, with memories and associations. In such a to and fro originates a multilayered but lucid interlace of the own and the strange like with our names given to us by others, like our past, which we can never get hold of in the present.
Text: Dorothée Bauerle-Willert
Translation lecturing into English with Annette Allwardt
BYTIE V POHYBE – z Košíc do Medzilaboriec a o iných neznámych miestach
Anna Tretter v súčasnosti často tvorí na cestách, v pohybe, na neznámych miestach. Na umelecký priestor sa zamerala už v svojich skorších sochárskych pokusoch. Tentoraz sa však jej priestor akoby zväčšuje a toto rozšírenie nachádza formu v jej viacvrstevnatom diele na rôznych úrovniach a v rôznych podobách.
Anna Tretter cestuje z Nizzy do Kapského mesta. Kamera pritom sleduje z vtáčej perspektívy let ponad oblaky, ktoré tvoria rovinu medzi nebom a zemou, až kým oblačná prikrývka neskĺzne cez planinu Stolovej hory na zem. Pri odchode a počas cesty vznikajú zábery pohyblivého pásu na letisku v Prahe a eskalátora na stanici v Stuttgarte, pričom sledujeme prichádzať a odchádzať ľudí. Anna Tretter sa prechádza v Sommerbergskej záhrade v Amorbachu a dve kamery pripevnené na jej drieku snímajú okolie po pravej a ľavej strane chodníka. Objektív pritom automaticky zaostruje obraz, no ak je odstup od predmetov príliš malý, záber sa rozostiera. Táto práca vznikla v roku 2003 v podtitule s otázkou „Ako asi vidí kačka?“
Kresby vystavené v Loefflerovom múzeu v Košiciach sú tiež poznámkami, náčrtmi z ciest, ktoré vznikali v aute, lietadle, vo vlaku, či pri chôdzi z miesta na miesto. Zároveň však vykryštalizovali ako pohyblivý a napredujúci proces, ako koridor medzi cestou a zážitkami prinášajúci radosť z objavovania nepoznaného, napätie a odvahu pustiť sa do neznáma, ktoré nás čakajú pri každej ceste. Tvorba kresieb odráža ešte raz dôveru v silu okamihu, pričom tu svoju úlohu zohráva náhoda, tak ako pri viacerých videonahrávkach. Anna Tretter drží skicár alebo práve nájdenú podložku ako napríklad „sickness bag“, ktoré sa nachádzajú v lietadle na kolenách. Úplne uvoľnene drží ceruzu, ktorá sama od seba zaznamenáva otrasy, kolísanie, pohyby. Tak sa z ničoho nič objavuje a rozvíja nečakaná, „iná“ kresba, ktorá je z pohľadu estetickej tvorby objavná. Výkresy prinášajú s veľkou dávkou prirodzenosti poznanie nepredvídateľného, čo je základom maliarskej tvorby i bytia v pohybe. Sú to autentické chvíľkové zážitky, v ktorých vznikajú tieto priehľadné výtvory navzájom popretkávaných čiar, jemných vznášajúcich sa uzlov, križovatiek, zhustených a zriedených miest. V obdivuhodnej pohyblivosti preskakujú kódy z listu na list, pričom sa rozptyľujú a zoskupujú, akoby nerozlúštiteľné línie pochádzali priamo zo súčasného pozemského sveta. Okamihy cesty, intenzívne zmyslové zážitky sa prekrývajú s neosobnými diaľkami a sú reakciou a odpoveďou na bytie v pohybe, rešpektovanie udalostí a vnímanie neznáma. List papiera sa tak isto stáva cudzou krajinou, oživenou a obývanou kresbami, ktoré utvárajú a otvárajú priestor.
Iný druh vizuálneho Road Movie je séria „Malých domčekov“, zastávok v neznámej krajine. Na výstave prezentuje Anna Tretter slovenské pokračovanie jednej minulej cesty – vtedy šla cestou, na ktorej boli ako orientačné body vyznačené niektoré významné miesta umenia v Poľsku – mená a mestá, ktoré sú na západe stále takmer neznáme. Tentoraz si zvolila trasu z Košíc do Medzilaboriec a do Levoče. Anna Tretter fotografovala búdky zastávok, ktoré sa objavovali pri krajnici vozovky na jej ceste. Keď fotografovala jednotlivé búdky, vždy na ne umiestnila snímku predchádzajúcej zastávky – odhalenie, rešerš, stretnutie, objav vzdialených miest a ich imaginárne stretnutie. Séria fotografií autobusových zastávok presne korešponduje s koridorom, medzipriestorom, v ktorom sa na ceste nachádzame. Sú to miesta medzi príchodom a odchodom, medzi známym a cudzím, medzi očakávaním a lúčením. A tak isto ako na ceste, sa pri stretnutí s „malými domčekmi“ stávame hermeneutikmi, ktorí sa pokúšajú vyložiť obrazy, zoskupiť, porovnať ich, nájsť rodové podobnosti a vymyslieť príbehy. V rámci typológie búdok sa ani jedna zastávka nepodobá na inú. V tejto krajine neexistuje žiadna zjednocujúca norma. Každá búdka je indivíduum (aj keď má samozrejme príbuzných), odlišujúce sa v mierach, proporciách, farebnosti od svojich bratov a sestier. Táto rozmanitosť už vo vysoko industrializovaných krajinách takmer vymizla. Produkty sú štandardizované podľa ich jednotlivého účelu. Keď umelecké diela Anny Tretter zachytávajú rozmanitosť, nezameniteľnosť týchto objektov, zrejme tým autorka tematizuje aj umelecký priestor, ktorý sa dožaduje a umožňuje mnohosť a jedinečnosť. Dôverné umelecké zážitky, ktoré náhle vytrysknú, čítame ako nemé znaky dokonca aj cez estetické kódy landartu alebo cez priemyselné monumenty Bernda a Hilly Becherovcov. Ale Anne Tretter nejde len o nezaujatú dokumentáciu pre formálny lexikón. Z fotografií vychádza nepokoj, ktorý aj napriek bezstarostnosti a zvláštnej neusadenosti súvisí s chýbajúcim, či ťažko rozlúštiteľným názvoslovím miest. Aj ako pozorovatelia sme „on the road“.
Práce Anny Tretter sú odpoveďou na výzvu bytia v pohybe, sú ním fascinované a sami formujú na inej úrovni medzipriestor – sieť vzťahov s uzlami, prípojnými miestami, spojkami. Jej videá, inštalácie a kresby pretkávajú miesto alebo udalosť jej vlastnými obrazmi a zážitkami, spomienkami a asociáciami. V takejto nejednoznačnosti vzniká viacvrstvové, no jasné prepletenie vlastného a cudzieho. Podobne ako je to s menom, ktoré dostávame od iných, alebo s minulosťou, ktorú nikdy neodhalíme v jej úplnej nahote.
Text: Dorotheé Bauerle-Willert
Preklad: Laco Jandosek